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Orchester
contra Orgel oder Warum mehr manchmal auch mehr ist
Das Berliner
Sinfonie-Orchester spielte am Samstag, dem 24. Januar 2004 im Rahmen
des Ultraschall-Festivals -- ein Bericht von MaWozniak
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Klang-Perspektiven
waren Thema des Orchesterkonzerts im Konzerthaus Berlin am 24. Januar
2004. Dabei wurde das Konzert von der revidierten Fassung Jean-Luc
Hervés Ciels eröffnet. Das Berliner Sinfonie-Orchester
unter der Leitung von Alexander Briger bot das feierliche, aber trotzdem
leichte Stück den ca. 300 Besuchern des halb gefüllten Großen
Saales dar. Die Eröffnung mit starken Pauken wurde durch höchste
Streichertöne abgelöst, welche während des gesamten
Stückes dominant waren. Die große Dynamik des 15-minütigen
Stücks wurde vor allem von den Bläsern und den vier Perkussionisten
realisiert. Dabei glänzten selbige mit einem Perkussionssolo
nach dem ersten Drittel der Komposition. Insgesamt war das Stück
leicht zugänglich und wurde dementsprechend wohlwollend aufgenommen.
Der Komponist konnte selbst den ausgiebigen Beifall entgegennehmen. |
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Bei Olga Neuwirths
Komposition anaptyxis aus dem Jahre 2000 für Orchester
wurde das Orchester auf beinahe einhundert Musiker aufgestockt.
So kamen ausgefallene fernöstliche Instrumente zu den verstärkten
Bläser- und Streichergruppen hinzu. Am Beginn stand dann ein
recht unwirklicher Klarinettenton, der orgelähnlich klang,
nach kurzer Zeit aber durch den überwältigenden Einsatz
des gesamten Orchesters abgelöst wurde. Dabei wurden teilweise
monumentale Eindrücke vermittelt, die gleichzeitig Mythologisches
mit Modernem, Fremdes mit Altbekanntem und Einfaches mit Differenziertem
verbinden wollten. Streckenweise wurden zu den perkussiven Glockenspielen,
Gongs u.ä. Klingeltöne eingesetzt. Dynamisch wurde das
Stück vor allem durch die Rhythmusgruppe, die besonders zum
Ende hin ein wahres Batteriefeuer von Snare- und Paukenschlägen
veranstaltete und natürlich auch an das Ende einen Paukenschlag
setzte. Die Besonderheit des Stückes -- und eben das Innovative
und Ungewöhnliche -- war ein Zwischenteil, bei dem perkussive
Klänge und Rhythmen durch Wischgeräusche produziert wurden.
So wurde sowohl auf den Perkussionsinstrumenten als auch auf dem
Fußboden mit verschiedenen Dingen herumgewischt, was eine
einzigartige rhythmische Symbiose hervorbrachte.
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An
dritter Stelle nun kam ein Stück, welches eigentlich bei einem
Sinfonieorchesterkonzert aus dem Rahmen fällt: das Orgelstück
Gmeeoorh von Iannis Xenakis, 1974 komponiert. Interessanterweise
sind es die als Soloinstrumente eher unterrepräsentierten und
dementsprechend unterschätzten Instrumente Orgel und Perkussion,
die auf einzigartige Weise beeindrucken. Dem Organisten Christoph
Maria Moosmann standen für das "perkussive Orgelstück"
Xenakis' zwei Helfer zur Seite, deren Aufgabe im Laufe des Konzerts
klar werden sollte. Das Stück begann mit der höchsten Oktave,
die auf einem einfachen Register mit fast orgelfremden Klängen
begann. Das wurde im weiteren Verlauf von der untersten Oktave auf
den Fußpedalen kontrastiert, ohne stereotyp zu klingen. Dann
wartete die Komposition mit einem Clou auf, der einem Solospiel eigentlich
widersprach. Die Helfer hatten Bretter mitgebracht, die nacheinander
auf alle Tasten gelegt wurden und somit ein Spiel aller Oktaven und
aller Register einleitete. Die daraus eigentlich folgende Überladung
wirkte so unwirklich und fremd, dass die Orgel wir ein großer
rauschender Generator wirkte und man teilweise das Gefühl hatte,
sie müsse zerspringen. Hier wurden im wahrsten Sinne des Wortes
alle Register gezogen. Der Auf- und Abbau der Töne gelang dabei
sehr gut, so dass vollkommener Genuss angesichts der absoluten Klänge
gewährleistet war. Der zweite Satz forderte nun teilweise auch
die Hände der Helfer, die die Register wechseln und auch Tasten
für bestimmte Oktavklänge spielen mussten. Die Bombastik
dieser Komposition war in keinem Moment übertrieben, unpassend
oder tatsächlich überladen. Vielmehr zeigte die Orgel hier
ihre Möglichkeiten als Rhythmusinstrument. Die Überwältigung
des Publikums und der geringe Bekanntheitsgrad ließen nach Ende
des Stücks eine mehr als zweiminütige Pause eintreten, ehe
der Beifall für den durchaus virtuosen Organisten losbrach, der
dem Stück vollkommen angemessen war. |
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Den Abschluss
bildete Xenakis' Horos für 89 Musiker von 1986, welches
sich vor allem durch Brillianz trotz der massiven Instrumentierung
auszeichnete. Teilweise waren Minimal-Konzepte erkennbar, ohne dass
Perkussionsinstrumente integriert waren. Zum Höhepunkt der
Spannung trug nur eine große Bassdrum bei, die sparsam eingesetzt
die Dynamik des Spannungsbogens realisierte. Vor allem die Ungewöhnlichkeit
der Streicherklänge und die Wechselseitigkeit der Streicher
und Bläser zeichneten das Stück aus. Nach 30 Minuten verklang
der letzte Ton und das Stück löste einen großartigen
Beifall des Publikums aus.
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Zwar
vermochte das Programm nicht, den Großen Saal des Konzerthauses
zu füllen. Es zeigte aber für die Anwesenden, dass Neue
Musik eben nicht unzugänglich ist, sondern vielmehr zeittypische
Musikbedürfnisse adäquat befriedigt. Auch dass jungen Komponisten
hier eine Bühne gegeben wird, ist herauszuheben. So kann für
die Zukunft gehofft werden, dass nicht nur das Interesse an den Veranstaltungen
und der Musik an sich steigt, sondern eben auch das überaus anspruchsvolle,
breitgefächerte und keinesfalls zu spezielle Programm. |
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