REZENSION
                             
       

Turba - Einfaches Doppel, Gemischte Soli

Szenisches Konzert, rezensiert von M. Wozniak am 23. Januar 2007

   
       
   

Ein weiterer katastrophaler Sophiensæle-Abend erwartete den Zuschauer am Dienstag, dem 23. Januar 2007. Von Nachwuchskünstlern aus dem Baltikum organisiert, erklangen neun Stücke, die szenisch miteinander verbunden waren. Allerdings beschränkte sich die szenische Darstellung auf die Einrichtung der Bühne mit einigen alten Möbeln und abgehängten Lampen sowie auf die Ansätze von Performance beim Vortrag der Stücke. Der Abend begann mit RiRo für Sopran und Trompete, von Vykintas Baltakas zwischen 1995 und 1999 komponiert. Dieses Stück war als Dialog angelegt und mit Elektronik modifiziert. Vor allem Sequenzerarbeit wurde integriert. Ansonsten erprobten sich Sava Stoianov an der Trompete und Rita Balta im Sopran beide fast bis zur Schmerzgrenze. Es folgte vom Tonband die cimarosa-sonate von Gerhard Rühm. 2003 entworfen als gesprochenes Gedicht für eine Stimme erklang es von zwei überlagerten Stimmen - männlich, weiblich - rhythmisch gegliedert in Vierteln oder Achteln. Das Amüsement für das Publikum war sehr hoch, so dass der Verdacht entstehen konnte, Rühm würde als unterhaltsamer Pausenfüller und Zugpferd gleichermaßen fungieren.

       

Scelsis Mantram für Kontrabass von 1987 war hervorragend vorgetragen, der Rezensent erlebte das Stück schon einmal in einer amateurhafteren Vortragsweise in Paris. Es folgte Luciano Berios Sequenza X von 1984. Dieses äußerst lange Stück war arrangiert für Trompete in C und Klavierresonanz, wozu Frau Balta am Klavier die Pedale trat. Gleichzeitig imitierte sie ein Tastenspiel, so dass dieser Vortrag schon starken Performancecharakter hatte. Das Klavier selbst hatte Noten. Insgesamt erschienen die Figuren jedoch als Standardfiguren, die aber sehr schön dynamisch vorgetragen waren. Die Resonanz des Klaviers war sehr verhalten, die Trompete verband sich nicht unmittelbar mit dem Klavierkörper. Auch das folgende Stück erklang für mehr als 10 Minuten. Überraschend an Beat Furrers Lotòfagso waren die Kontrabassparts. Diese Uraufführung bot vom Sopran her nichts überraschendes und war eher uninteressant.

   
       
   

Zur Auflockerung erklang ein weiteres Gedicht von Rühm, ein lautgedicht von 2000. Dieses Konsonantengedicht war wiederum konventionell vorgetragen, konnte aber trotzdem durch die Originalität stark mitreißen. Das nächste Stück von Dietmar Wiesner, dans la paume für Stimme und Double Bell Trompete, erklang auch als Uraufführung. Nicht nur das Instrument war hier überraschend und außergewöhnlich, zusätzlich sang die Sopranistin mit zugehaltenem Mund und das Stück war sehr schnell vorgetragen.

       

Es folgte eine endlos scheinende, eher ärgerliche Improvisation für Sopran, Trompete und Elektronik nach der Anfangskomposition RiRo von Vykintas Baltakas. Es begann zwar sehr reduziert bspw. mit einer verhaltenen rhythmischen Mühle auf der Trompete, zum Ende des mehr als 10-minütigen Versuches dominierte jedoch die Elektronik. Trompete und Sopran waren auf den Sequenzer beschränkt und es schien schier endlos, als nur noch Elektronik erklang. Und auch der Abschluss mit Rühms Klassiker, dem atemgedicht von 1954, wurde eher vergeigt. Durch die elektronische Einspielung verpasste das Publikum jeweils den Einsatz. Auch klangen die Atmungen immer entgegengesetzt: ausatmen wie einatmen und umgekehrt. Kuriose Zwischengeräusche brachten das Gedicht schon um einige Effekte, der Abschlussklang von sich entfernenden Stöckelschuhen reduzierte das Gedicht aber völlig auf eine sexuelle Konnotation. Beifall erklang trotzdem reichlich und freundlich und die Nachwuchskünstler wurden mehrfach wieder auf die Bühne gerufen.

   
       
     
© by MaWozniak, 03. Februar 2007