REZENSION
                             
       

Aggressionen in den Sophiensælen

Performance zum Ultraschall 2007, rezensiert von M. Wozniak am 20. Januar 2007

   
       
   

Der erste Abend in den Sophiensælen Berlin beim Ultraschallfestival 2007 begann mit einer Enttäuschung, noch einer Enttäuschung und einer Überraschung. Enttäuscht mussten viele Stammgäste des Festivals sein, die für das Abendkonzert um 20 Uhr keine Karten mehr bekamen. Und gleichzeitig war man enttäuscht, dass sich an diesem Veranstaltungsort einfach nichts ändert. Die schlechte Organisation konkurriert hier mit der schlechten Atmosphäre; einer Organisation von Praktikanten und einer Atmosphäre, die nach wie vor bestimmt wird durch künstliche Nostalgie und gekünstelte Affektiertheit. Aber, trotz allem konnte man überrascht sein, dass zu einem Konzert für neue Musik der Saal schon weit vor Konzertbeginn ausverkauft war.

       

Jedenfalls mussten langjährige Konzertbesucher mit dem nachfolgenden Konzert um 22:30 Uhr vorlieb nehmen. Hier begann das Konzert mit der Komposition Ming Qi (Bright vessel) von Liza Lim, im Jahr 2000 für Oboe und Schlagzeug komponiert. Weniger als drei Minuten erklangen sehr schöne Oboenklänge mit unstrukturiertem Schlagzeug. Die Effekte eines Gongs im Wasserbad ließen das Publikum genauso wie die auf Slapstick angelegte Performance der Instrumentalistinnen schmunzeln.

   
       
   

Das folgende Stück von Iannis Xenakis war typisch für den Komponisten. Das heißt nicht, dass Dmaathen von 1976 klang wie alle Xenakis-Stücke. Vielmehr erzeugte das sehr strukturierte Stück eine Ahnung von Xenakis Kunst und konnte tatsächlich bewegen. Damit ist nicht die Performance der Instrumentalisten gemeint, die sich auch viel bewegt und einige Faxen gemacht haben. Das Stück ging mehr als 15 Minuten und war in verschiedene Phasen gegliedert. Die erste Phase bot druckvolle und "gerundete" Töne, wogegen die zweite Phase eher minimal konzipiert war.

       

Es folgte eine Performance von ca. 30 Minuten. Eine Hallstudie für Klavier (2003) von Jörg Widmann wurde vorgestellt. Dabei wurde das Klavier mit den Händen und mit Besteck traktiert. Es begann zärtlich mit Klopfen nur auf Holz. Es folgten wenige Anschläge mit den Fingern direkt auf den Saiten und dann wurden auch Tasten angeschlagen. Danach steigerte sich das Traktieren sehr aggressiv, wie irre schlug die Instrumentalistin mit Messer und Gabel auf den Saiten herum. Der Nachhall erinnerte manchmal an Orgelklänge. Etwas wirkte das Stück wie Spielerei, erntete allerdings sehr viel Beifall, den Jörg Widmann auch persönlich entgegennahm. Als Abschluss erklang das Stück Skelett für Schlagzeug solo, 2004 von Widmann entworfen. Hier sollte eine Performance den Abbau eines Schlagzeugs nach dem Konzert thematisieren. Das war sehr schön gemacht, wirkte teilweise aber auch wie Spielerei und endete ebenfalls in einem aggressiven Finale, bei dem alle Becken auf die Erde geschmissen wurden. Aber dem Publikum gefiels.

   
       
     
© by MaWozniak, 03. Februar 2007