REZENSION
                             
       

Die (blutige) Nase vorn

Warum sich die Kulturen nicht so fremd sind und wo der große Sand liegt -- ein Kopf-an-Kopf-Rennen von MaWozniak

   
       
   

Ein neuer Hollywood-Streifen greift den Wüstenfilm wieder auf. Als Kulissenfilm mit großartigen Naturaufnahmen versteht sich der Film über den Mustang Hidalgo und seinen Jokey Frank Hopkins weniger als Hommage an die historischen Gestalten denn als Beitrag zur Völkerverständigung: der identitätslose Amerikaner Frank Hopkins (Viggo Mortensen) verdingt sich 1890 als Meldereiter, Jokey und Schausteller. Dabei hat er als Jokey zwar den besten Ruf, muss sich aber gegen Vorurteile seinem Mustang ("unrein") gegenüber durchsetzen. Als Meldereiter verrät er seine Herkunft, da er selbst indianisches Halbblut und Sohn der Oglala Sioux in South Dakota ist, die am Wounded Knee aufgrund des von ihm überbrachten Befehls massakriert wurden. Zum Dritten macht er sich als Schausteller durch übermäßigen Alkoholkonsum lächerlich. Übrigens sind die Schaustellerszenen besonders interessant, zeigen sie doch, wie sehr die amerikanische Geschichte immer schon durch Show -- in unserem Fall Wild-West-Show -- überhöht wird, wenn auch nicht ohne Ironie.

       

Hopkins wird durch Scheich Riyadh (Omar Sharif) herausgefordert, dem es bei dem Wüstenrennen mit 1000jähriger Tradition vor allem um die Ehre geht. Frank nimmt an, reist mit Hidalgo nach Aden und startet beim Rennen. Dabei gerät er erstens in die Fänge zweier Frauen -- wobei die eine als Intrigantin das Alte Europa (Louise Lombard alias Lady Anne Davenport), die andere aber als Pferdeexpertin die unfreie arabische Welt (Zuleika Robinson alias Jazira) symbolisieren soll. Der einen verweigert er sich trotz ihrer Verführungskünste, der anderen kommt er näher, indem sie ihm näher kommt.

   
       
   

Zweitens natürlich wird er Opfer gedungener Kolonialisten, Wüstenräuber und ähnlichem zwielichtigen Volk, deren Angriffe er unkonventionell, aber konsequent beendet. Unkonventionell, indem er die Kulturgrenzen überschreitet und ständig auf Partnersuche ("Hallo, Partner…") -- auch bei seinen Feinden -- ist und konsequent, weil er bei Beleidigung seines Pferdes bis zum äußersten -- zur Blutrache -- geht.

       

Der spannungsreiche Ritt durch die Wüste macht den Hauptteil des Filmes aus und erinnert in allen Szenen sowohl an Karl May als auch an Lawrence von Arabien. Nur drei Reiter überstehen das mehrtägige Rennen durch die Wüste, welches neben den Intrigen auch noch mit allerlei Naturkatastrophen aufwartet. Aber jeder Sandsturm geht einmal vorbei und eine Heuschreckenplage ist eigentlich ein Segen -- hinterlässt sie doch essbare Heuschreckenleichen. Und letztendlich zeigt das Tier dem Jokey, worauf es ankommt und dass man seine Kindheitstraumata überwinden kann…

   
       
   

Hidalgo gewinnt natürlich um eine Nasenlänge vor dem Rassepferd Omar Sharifs und erwirbt seinem ungläubigen Reiter dadurch die Ehre beim gesamten arabischen Volk. Auch das ist "a begining of a beautiful friendship", wobei Scheich Riyadh eines klar wird: "es ist Allahs Wille, dass du mein Gast bist, solange du willst", sagt er zu dem Amerikaner. Dieser kann darauf nicht eingehen, solange er noch nicht mit seiner Heimat im Reinen ist.

       

In diesem Sinne ist der teilweise ökologisch anmutende Film auch ein Plädoyer, mit der eigenen Vergangenheit aufzuräumen, bevor man sich länger woanders aufhält. Diese Auseinandersetzung wird im Film -- wenn auch ausgesucht psychologisch -- durchaus probiert. Auch die Komik kommt nicht zu kurz -- vor allem im sexuell konnotierten Bereich. Damit genug, nur noch soviel: Die Naturaufnahmen lohnen sich, sie sind handwerklich ganz gut gemacht und bieten als Besonderheit Zeitrafferaufnahmen von Wolken und viele Monumentalbilder.

   
       
     
© by MaW, 05. Mai 2004