REZENSION
                             
       

Ungehorsam ohne Widerworte

Das WackelzahnTheater aus Hamburg hat am 14. Dezember 2009 im Forum Daun das Märchen „Aschenputtel“ der Brüder Grimm aufgeführt.
M.Wozniak

   
       
   

Was braucht das Kindertheater? Richtig: Kindertheater braucht vor allem Kinder. Wenn dann noch bunte Kostüme, nette Kulissen und eine Reihe eingängiger Songs dazukommen, ist Unterhaltung garantiert. Am 14. Dezember 2009 kam genau das alles zusammen und das Wackelzahn-Theater aus Hamburg konnte mit seiner Inszenierung des Grimmmärchens „Aschenputtel“ mehr als 200 Kinder begeistern.

       

Besonders das Lied „Dies ist mein Tag“ blieb – sicher auch aufgrund der häufigen Wiederholung – den Zuschauern im Ohr und fasste auch die Botschaft der Inszenierung insgesamt zusammen. Modern war die Inszenierung trotz der klassischen Kostüme und Kulissen dadurch, dass sie selbstreferenziell war – beispielsweise las Aschenputtel in einer Szene in einem Märchenbuch und träumt, auch sie wäre Teil einer Geschichte, sie erwähnt dabei die Märchen Schneewittchen, Dornröschen, Rapunzel. Dieser Bezug auf sich selbst war so offensichtlich, dass ihn auch Kinder verstehen konnten.

   
       
   

Als Hauptkonflikt kristallisierte sich in diesem bekannten Märchen der Widerspruch zwischen den Rollen der beiden Protagonisten heraus: die zwei Hauptpersonen Aschenputtel und der Prinz fungieren hier jeweils als Gegenbilder: beide eint die Sehnsucht nach Unabhängigkeit, die Offenheit, die Hoffnung und das Spielerische, jeder hat eine andere Rolle: Aschenputtel muss sich als „Küchenmagd“ gegen die Willkür der Stiefmutter und Gehässigkeit der Stiefschwester wehren, was sie durch Ungehorsam ohne Widerworte tut; der Prinz ist wohlbehütet und quasi ödipal.

       

Hier wurde keine Eins-zu-eins-Adaption des Textes präsentiert, sondern die Akzente waren in der dramatisierten Version völlig neu gesetzt. Beispielsweise bot die Kommunikation der Protagonisten aktuelle Züge, weil hier nicht auf Vorhersehbarkeit, sondern auf Erklärung und Plausibilität mit moderner Sprache gesetzt wurde. Naivität und Verharren im Märchen wurde sofort bloßgestellt. Die Stiefschwester, der die Stiefmutter Vorwürfe macht, wird mit der Lüge konfrontiert. Stiefmutter: „Du dumme Gans, jetzt hast du alles verdorben! Nun wirst du niemals Königin.“ Stiefschwester: „Niemals? Aber du hast es doch versprochen.“ Antwort Stiefmutter: „Dann habe ich eben gelogen.“

   
       
   

Besonders bemerkenswert waren also die behutsame Aktualisierung, die Kurzweiligkeit der Inszenierung, das Engagement des Ensembles, die gute Besetzung, die eingängigen Songs und der Enthusiasmus der Zuschauer. Das führte zu einem gelungenen Theatervormittag und man kann vermuten, mit dem Kindertheater Wackelzahn immer unterhaltsames Kindertheater zu erleben.

       
     
© by MaWozniak, 28. Dezember 2009